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Rosa Favre (Was Tun?)

SVP Genf bereitet den Polizeistaat vor

Die Zeit ist ernst. Die SVP-Genf hat sich erneut als Vortrupp der autoritäten Bürgerlichen hervorgetan. Die Partei teilte ihren Wunsch, politische Demonstrationen innerhalb und in der Umgebung der UNIGE zu verbieten.


Dieser Angriff auf das Demonstrationsrecht lässt einem kalten Schauer über den Rücken laufen. Obwohl die SVP-Genf die Vorhut bildet, können wir ihr nicht die alleinige Schuld an der Reaktion geben. Die Offensive gegen die Kampfmethoden der Student:innen (und Proletarier:innen) wird vom gesamten bürgerlichen Block getragen.


Beweis dafür: Die stramm liberale Leitung der UNIGE hat die Büchse der Pandora geöffnet. Sie war es, die Aktivist:innen, die sich gegen eine transphobe Referentin mobilisierten sowie Studierendenbewegung für Palästina strafrechtlich verfolgt hat. Da die FDP und die Mitte progressive Kämpfe verabscheuen, erwarten wir, dass sie sich der Linie der extremen Rechten anschließen.


Aber warum kultiviert die Rechte einen solchen Hass und eine solche Angst vor sozialen Bewegungen, insbesondere vor der pro-palästinensischen Bewegung?


Die Schweiz ist das globale Zentrum des Finanzkapitals. Ihre politische Stabilität ist notwendig, um die globale wirtschaftliche Stabilität und den Wohlstand der westlichen Bourgeoisie zu sichern. Diese politische Stabilität wurde früher durch Zugeständnisse erreicht: hohe Löhne, Schutz am Arbeitsplatz etc.


Da wir erneut in eine Wirtschaftskrise geraten, werden solche Zugeständnisse für die Arbeitgeber:innen immer teurer. Andererseits ist es unmöglich, Israel als Vorposten des westlichen Imperialismus im Nahen Osten zu Konzessionen zu bewegen. Dieses geopolitische Projekt zu Ende zu führen, bedeutet zwangsläufig und logischerweise die Ausrottung des palästinensischen Volkes.


Intrigen, Manöver hinter verschlossenen Türen und Gesetze zur Verhinderung von sozialen Unruhen sind daher die besten Werkzeuge, die der Schweizer Bourgeoisie zur Verfügung stehen. Denn sie muss abschrecken, exzessive Gewalt anwenden während sie diesen Fakt unter den Teppich kehren. Dies gilt für alle Kämpfe: wirtschaftliche, feministische, antiimperialistische.


Die Bundesämter lügen über die Reserven der AHV. Faschisten verprügeln Demonstrantinnen des feministischen Streiks, während die Presse die Opfer als Extremist:innen bezeichnet. Die Bourgeoisie will Solidaritätskundgebungen für Transpersonen und Palästina verbieten.


Wenige Tage nach dieser schlimmen Nachricht erfuhren wir, dass die SVP-Genf eine Initiative lancierte, die diensthabenden Polizisten gerichtliche Immunität garantieren würde. Ein solches Gesetz wird rassistisch motivierte Gewalt vervielfachen und die Gewaltenteilung signifikant schwächen.


Dies ist ein erster Schritt auf dem Weg zu einem Polizeistaat.

Wenn diese Initiative Gesetz wird, wird die Präsenz der Linken im Parlament und in der Exekutive keine „mildernde“ Wirkung auf das Polizeiregime haben. Es hat in dieser Welt nicht mehr Milderungen von Polizeiregimen gegeben als Schläfenmassagen, die mit Schlagstöcken durchgeführt wurden.


Selbst wenn einzelne Opfer von Polizeigewalt durch die Präsenz der Linken im Parlament gerettet würden, wären sie nur in der Minderheit. Wenn es der Linken tatsächlich gelingt, die Mehrheit für eine Untersuchung gegen einen Polizisten zu bekommen, wird dies nur punktuell der Fall sein. Andererseits wird die Justiz, selbst wenn das Recht zur Durchführung einer Untersuchung gewährt wird, nur ein Komplize des Polizeirassismus sein, wie sie es bereits in den Fällen der Morde an Mike Ben Peter oder Roger Nzoy war. Und wenn nicht, wenn die Ermittlungen systematisch durchgeführt werden, warum wird dieses schreckliche Gesetz dann nicht einfach aufgehoben?


Auf der anderen Seite würden so viele andere Fälle von Polizeigewalt de facto durch die Präsenz der Linken in den Exekutivorganen, die für die Polizei zuständig sind, gerechtfertigt werden. Wenn das desaströse System normalisiert wird, werden die linken Abgeordneten nicht so viel dagegen tun, wie in besonders dramatischen Einzelfällen. Und wenn die Rechte, die eine bestimmte Polizeigewalt mit Wohlwollen betrachtet, mit ernster Miene den Kopf schüttelt, wird der fieberhafte Protest der parlamentarischen Linken - der nach dieser mageren Gegenwehr die Kampfinstrumente ausgehen werden - in einem müden Seufzer verpuffen. Das ist nicht das, was man „Opposition“ nennt! Wenn die Führung der Bewegung sich ähnlich hilflos zeigt, wird sie die Massen, die eine würdige Gerechtigkeit fordern wollen, lähmen. Sie werden nicht wissen, wo sie Unterstützung finden, wie sie kämpfen und wie sie die Aufhebung des Gesetzes erreichen können.

Die Präsenz der Linken in den Institutionen wird also keine Gegenmacht bilden, sondern die Polizeimacht stärken und sie unfreiwillig unterstützen.


In diesem Zusammenhang ist die reformistische Doxa des „kleineren Übels“ ein Trugschluss, der die höchste Schwere dieses Übels nicht erfasst. Vielmehr muss man sich ihm entschieden, energisch und unermüdlich widersetzen, bis die autoritäre Macht fällt.

Handeln wir unverzüglich: Eine Gegenreform wird die Polizisten nicht davon abhalten, das Privileg zu genießen, über dem Gesetz zu schweben. Nur ein sozialer Damm kann das Schlimmste verhindern. Und wenn das Schlimmste eintritt, dann kann die Opposition nur außerhalb dieser bürgerlichen Institutionen stattfinden, die in ihrem Herzen nur Liebe für die kapitalistische Ordnung und die Tyrannei ihrer Profite beherbergen.

Im Falle einer Kodifizierung der freiheitsfeindlichen Initiative der SVP-Genf rufen wir die linken Kräfte auf, von ihren parlamentarischen und exekutiven Positionen zurückzutreten. Unterstützen und legitimieren wir nicht einen Staat, der sich auf unsere Rechte setzt.

In jedem Fall sollten wir angesichts der Bedrohung unserer Rechte alle fortschrittlichen Kräfte zusammenbringen und gegen die erbitterte Offensive der Bourgeoisie eine Einheit bilden!

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