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Marxistischen Aktion Schweiz

Schweizer Sektion der Liga für die Fünfte Internationale

Pflege statt Kriegsaufrüstung – Raus zur Pflegedemo am 22. November!

Am 28. November 2021, wurde die Pflegeinitiative von der Schweizer Stimmbevölkerung angenommen. Nach den schlimmsten Wellen der Covid-19-Pandemie wurde der breiteren Öffentlichkeit klar, wie unerlässlich ein gut funktionierendes Gesundheitssystem ist. Nun, vier Jahre später, kommt die Umsetzung der Pflegeinitiative nur schleppend voran. Insbesondere bessere Arbeitsbedingungen und mehr finanzielle Mittel – zwei zentrale Elemente der ohnehin moderaten Forderungen – wurden noch immer nicht umgesetzt. Deshalb hat das “Bündnis Gesundheitspersonal” zur Demonstration am 22. November in Bern aufgerufen. Der Zusammenschluss aus Gewerkschaften und Berufsverbänden fordert eine wirksame und lückenlose Umsetzung der Initiative. Wir von der Marxistischen Aktion Schweiz unterstützen diese Mobilisierung!

 

Die Krise verschärft sich – auf Kosten des Personals


Doch hinter der Politik des Bundesrats steckt viel mehr als blosse Trägheit. Die Initiative wurde in einer Zeit angenommen, in der aufgrund der Covid-19 Pandemie der breiteren Öffentlichkeit klar wurde, wie notwendig Pflegeberufe sind. Hand in Hand mit dem Abebben der Pandemie verschwand das Thema Pflege jedoch langsam wieder aus der Öffentlichkeit. In der Zwischenzeit konnte der Bundesrat die Umsetzung der Pflegeinitiative ohne viel Gegenwind vernachlässigen und seine bisherige Gesundheitspolitik fortsetzen. Das Resultat: Die Pflegekrise hat sich weiter verschärft.  Bis 2029 bräuchte es laut SBK über 70'000 zusätzliche Pflegekräfte, schon heute sind über 8'000 Stellen unbesetzt. Damit bilden Pflegefachpersonen in der Schweiz den am häufigsten ausgeschriebenen Beruf. Jede dritte Pflegekraft verlässt noch vor dem 35. Lebensjahr die Tätigkeit und der Personalmangel bei der Pflege setzt Assistenzärztinnen und Assistenzärzte zunehmend unter Druck, so dass auch sie mehr und mehr aussteigen. Ohne die Beschäftigung von im Ausland ausgebildeten Pfleger:innen, die für den Bundesrat billigere Arbeitskräfte sind, wäre das Gesundheitssystem wohl schon längstens implodiert. 

 

Gesundheitspolitik nach kapitalistischer Logik


Die Unterfinanzierung des Gesundheitswesens und die Privatisierung von Kliniken und Spitälern führen dazu, dass auch öffentliche Gesundheitsinstitutionen zunehmend unter Druck geraten. 2012 trat eine neue Spitalfinanzierung in Kraft, die auf sogenannte Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG) beruht. Dadurch erfolgt die Abrechnung nicht mehr nach der Dauer der Behandlung, sondern es werden fixe Preise pro Diagnosegruppe festgelegt. Die Unabhängigkeit von der tatsächlich benötigten Behandlungsdauer bedeutet, dass die Spitäler Verluste machen, wenn ein:e Patient:in länger als von der Fallpauschale vorgesehen bleibt – und Profite machen, wenn sie möglichst viele “Fälle” behandeln, bei denen die Fallpauschale die tatsächlichen Behandlungskosten übersteigt. Mit anderen Worten: Behandlungen werden durch die Fallpauschale zur standardisierten Ware, die Spitäler werden auf “Effizienzsteigerung” und einhergehende Sparmassnahmen getrimmt.


Diese und weitere Regelungen, wie z.B. die Annahme der «Einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Behandlungen» (Efas) im November 2024, erlauben dem Bundesrat eine Weiterführung der Gesundheitspolitik nach kapitalistischer Logik. Das Ergebnis: Personalmangel, überlastete Stationen und schlechtere Pflegequalität. Als Gegenleistung für ihre unentbehrliche Arbeit erhält das Gesundheitspersonal also unterbesetzte Schichten, Zeitdruck und verzweifelte Patient:innen. 


Die Forderungen der Pflegeinitiative nach besseren Arbeitsbedingungen und Investitionen in die Ausbildung von Fachkräften sind daher verständlich und begrüssenswert. Doch die Pflegeinitiative geht das eigentliche Kernproblem, das am Ursprung der Krise des Gesundheitswesens liegt, nicht an. Um bessere Arbeitsbedingungen in Gesundheitsberufen zu schaffen und damit dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, müsste das Gesundheitswesen eine öffentliche Angelegenheit sein. Dies erfordert eine Rekommunalisierung privatisierter Gesundheitsinstitutionen unter Kontrolle des Gesundheitspersonals.

 

Sparen, sparen, sparen – nur nicht bei der Armee?


 Appelle an den Bundesrat, die bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld fordern, sind also nichts wert, solange man die Profitorientierung der Gesundheitspolitik nicht angeht. Der Bundesrat ist nämlich weit davon entfernt, die Finanzierung des Gesundheitswesens sichern zu wollen – ganz im Gegenteil: Sparmassnahme für Sparmassnahme kürzt er die Gelder im Service Public. Den Höhepunkt dieser Sparpolitik bildet das sogenannte “Entlastungspaket 27”, das eine Reihe weiterer finanzpolitischer Angriffe auf die lohnabhängige Bevölkerung vorsieht. Wo der Geldbeutel des Bundesrats hingegen plötzlich locker sitzt? Bei der Armee: Für den Zeitraum 2025-2028 soll das Armeebudget um 4 Milliarden CHF erhöht werden, insgesamt sind 29,8 Milliarden CHF vorgesehen. Bürgerliche Argumente, die vollständige Umsetzung der Pflegeinitiative sei zu teuer, sind angesichts dieser Geldflüsse in die Aufrüstung also mehr als zynisch. Statt zusätzliche Milliarden in die Armee fliessen zu lassen, könnten, im Sinne der Pflegeinitiative, die Löhne von Pflegenden, insbesondere auch während ihrer Ausbildung, erhöht und ihre Arbeitszeit reduziert werden. Anstelle teurer Kampfjets könnte für Pflegekräfte ein früheres Referenzalter und eine bessere finanzielle Absicherung im Alter finanziert werden. Aber die schleppende Umsetzung der Pflegeinitiative zeigt uns einmal mehr, wo die Prioritäten des Bundesrats liegen: nicht auf der Seite der lohnabhängigen Bevölkerung. Deshalb: Raus auf die Strasse am 22. November! Gegen eine profitorientierte Gesundheitspolitik zu Lasten des Gesundheitspersonals! Für eine Rekommunalisierung aller Gesundheitsinstitutionen unter Kontrolle der Lohnabhängigen! 


Die Demonstration am 22. November ist jedoch nur ein erster Schritt. Denn der hartnäckige soziale Krieg, den der Bundesrat gegen die lohnabhängige Bevölkerung führt, geht weiter. Und wir können uns dagegen nur wehren durch Methoden, die über Symbole hinausgehen; wenn wir tatsächlichen Druck erzeugen durch Arbeitskämpfe. Deshalb müssen wir uns auch langfristig gegen die Sparpolitik und die damit einhergehende Kriegsfinanzierung organisieren: Pflege statt Kriegsaufrüstung! Gegen den sozialen Krieg! Gegen den imperialistischen Krieg! 

Für gewerkschaftliche Organisierung und Vernetzung der Arbeiter:innen im Gesundheitswesen! Für kämpferische Gewerkschaften und Streiks!

 

Forderungen

 

Wir fordern die volle Umsetzung der Pflegeinitiative vom Bundesrat. Vor allem die Garantie der “angemessenen Abgeltung der Pflegeleistungen” und "anforderungsgerechten Arbeitsbedingungen für die in der Pflege tätigen Personen”. Der Bundesrat kann, will und wird jedoch nicht die Interessen der Pflegearbeiter:innen vertreten. Die Gewerkschaften müssen die Spitäler und Pflegeeinrichtungen aktiv organisieren und die Arbeiter:innen müssen sich sowohl am Arbeitsplatz wie auch Schweizweit in der Branche vernetzen. Wir fordern die Öffnung der Geschäftsbücher aller Pflegeeinrichtungen gegenüber den Gewerkschaften und den Arbeiter:innen. Wir fordern Arbeiter:innen auf, Kontrollkomitees zu formen, um die Umsetzung der Initiative selbst zu prüfen. Wir fordern die Gewerkschaften auf, vernetzte Arbeitskämpfe zu organisieren, um den Bundesrat und die Chefetagen zur Umsetzung der Initiative und weiterer Forderungen der Arbeiter:innen zu zwingen. 


Gute Arbeitsbedingungen frei von Ausbeutung kann es aber im Kapitalismus keine geben. Die Frage der Pflege übertrifft weit, was in der Pflegeinitiative geregelt werden kann. Wir fordern eine Pflege frei von den Fängen des Profits, also die Arbeiter:innenkontrolle über die Pflegeeinrichtungen und die volle Verstaatlichung des Pflegesektors. Ebenso fordern wir eine Einheitskrankenkasse und die gesellschaftliche Organisation der Kindererziehung, Betreuung älterer Menschen und Menschen mit Behinderung etc.

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